Was machen wir?
Die Psychologie im Wortsinn ist die Wissenschaft von der Seele des Menschen. Schon diese Formulierung macht deutlich, wie vielseitig und vielschichtig das Fach ist. Das antike Bild des Oktopusses mit seinen acht Armen zeigt, wie wenig greifbar sie ist, die Seele, auch heute zum Teil noch: Was ist sie, und wo sitzt sie? Im Herzen, oder im Gehirn, oder in beidem? Andererseits sind das Fühlen, das Denken und das (daraus resultierende) bewusste und unbewusste Handeln, um deren Beschreibung und Erklärung und ggf. Beeinflussung es in der Psychologie geht, auch ganz greifbar und messbar. Man kann mit wissenschaftlich fundierten Methoden Verhalten beobachten, Menschen über Gefühle und Denkmuster befragen, psychologische Tests und Experimente nach wissenschaftlichen Standards durchführen und inzwischen sogar in bestimmten Gehirnregionen, die für bestimmte Arten von Fühlen und Denken zuständig sind, elektrische Aktivität messen. Insofern ist die Psychologie auch eine empirische Wissenschaft.
Zwischen empirischer Forschung und der Psychoanalyse (als Theorie, die mit wissenschaftlicher Objektivität nur zum Teil fassbar ist) gibt es zahlreiche Forschung- und Anwendungsgebiete: Was die menschliche Persönlichkeit ist, was sie prägt und was unser Handeln antreibt, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen, wie wir denken und lernen, was unser Verhalten im Zusammensein mit anderen und auch im Umgang mit Medien prägt und wie dies alles miteinander zusammenhängt, ist wichtig für so vieles: Für die Entwicklungspsychologie, weil wir immer mehr darüber wissen, was Menschen brauchen, um sich gut zu entwickeln, einen Platz in der Gesellschaft zu finden und glücklich sein zu können. Es ist wichtig für die Schule (die pädagogische Psychologie) und für die Arbeitspsychologie, die sich fragen, wie das Lernen und das Arbeiten so gestaltet werden können, dass sie effizient sind und es den Menschen gut geht. Die Werbepsychologie beschäftigt sich damit, was uns dazu bringt, Dinge zu konsumieren oder auch nicht, und die Klinische Psychologie und die Gesundheitspsychologie befassen sich damit, warum Menschen psychisch krank werden, wie man sie heilen kann beziehungsweise was man tun kann, damit es erst gar nicht so weit kommt.
Am Fanny legen wir hierauf einen Schwerpunkt im Schulcurriculum, was uns gerade nach den Jahren der Pandemie, aber auch generell angesichts der Herausforderungen, mit denen junge Menschen konfrontiert sind, sinnvoll erscheint: „Was sind Glück und seelische Gesundheit, und inwiefern sind sie relevant gerade in schulischen Kontexten? Welche Belastungsfaktoren, die beides gefährden könnten, sind (dort) gegeben? Was kann man tun, um seine seelische Widerstandkraft zu stärken? Hier sieht man, wie stark die Psychologie mit anderen Fächern verbunden ist: Was ist Glück? fragt die Philosophie? Inwiefern das von der Balance von Neurotransmittern abhängt, muss man bei den Biologen nachfragen. Und die Soziologie erklärt, warum soziale Unterstützung und Freunde oft wichtigere Ressourcen für Zufriedenheit und Erfolg im Leben sind als Antidepressiva, die auch manchmal helfen können.
Eine weitere Ressource kann der Umgang mit Emotionen sein, den eigenen und denen anderer. Da gibt es gute und nicht so gute Wege zu reagieren, wenn man zum Beispiel sehr ärgerlich ist, was in schulischen Situationen sicher nicht selten vorkommt. Das Training von Selbst- und Emotionsregulationsfähigkeiten ist ein gemeinsames Projekt des Fanny und des Arbeitsbereichs Schulpsychologie der Universität Tübingen unter Leitung von Prof. Dr. Caterina Gawrilow. Es sind schon verschieden Studien und Projekte in diesem Bereich durchgeführt worden und weitere sollen folgen. Psychische Krankheiten und die Gesundheitspsychologie sind auch neue Schwerpunkte des Lehrplans Psychologie. Um zu verstehen, was psychische Krankheiten sind und wie sie behandelt werden können, besuchen wir seit vielen Jahren das MuSeele (Museum für Psychiatriegeschichte) im Christophsbad (ein Klinikum für Psychiatrie und Psychotherapie) in Göppingen. Weitere Schwerpunkte des Curriculums sind die Methoden und Berufsfelder der Psychologie, die Zusammenhänge zwischen Kognition, Emotion und Motivation, die menschliche Persönlichkeit und ihre Entwicklung, die Sozialpsychologie mit einem Schwerpunkt „Kommunikation“ und die Angewandte Psychologie mit den Schwerpunkten Medienpsychologie sowie die Klinische und Gesundheitspsychologie.
Für die Fachschaft Psychologie: Dr. Silke Merhofe